Die 1. Radrennbahn in Nürnberg

errichtete der im März 1881 gegründete Nürnberger Velociped-Club an der Fürther Straße in Gostenhof. Sie lag auf dem Areal der heutigen Veit-Stoß-Anlage. 

Lage der 1. Nürnberger Radrennbahn an der Fürther Straße
Lage der 1. Nürnberger Radrennbahn an der Fürther Straße (1884-1889)

Die Kosten für den Bau der Rennbahn deckte der Club durch die Ausgabe von Anteilscheinen zu je 50 Mark. 21 Mitglieder des Velociped-Clubs zeichneten insgesamt 57 Anteilscheine, so dass ein Startkapital von 2.850 Mark zusammenkam. Auch Max Ottenstein, der Mitbegründer der späteren Victoria-Fahrrad-Werke, war mit drei Anteilen dabei.

Anteil-Schein für den Bau der 1. Nürnberger Radrennbahn 1884
Anteil-Schein des Nürnberger Velociped-Club über 50 Mark für den Bau der 1. Nürnberger Radrennbahn 1884

Die Bahn war 333 1/3 m lang, 5-6 Meter breit, die Fahrbahndecke bestand aus Kohlesinter. Anfangs war die Bahn eben, aber 1886 bekam sie eine Kurvenerhöhung von 50 cm. Auf einer mit Segeltuch überdachten Tribüne gab es 1.500 Sitzplätze, insgesamt dürfte es Platz für mindestens 6.000 Zuschauer gegeben haben.

Der Fränkische Kurier berichtete eine Woche vor der Eröffnung:

Das am nächsten Sonntag Nachmittag 3 Uhr stattfindende Rennen des Nürnberger Velociped-Clubs wird bei der lebhaften Betheiligung, die sich dafür zeigt, voraussichtlich ein sehr interessantes werden. Nahezu 40 Meldungen sind für die 5 Rennen (Bicycle und Tricycle) eingelaufen, worunter die Namen einiger der besten Fahrer Deutschlands, so daß der Wettkampf oft ein heißer und spannender werden mag.Der Rennplatz selbst, an der Fürther Straße gelegen und in seiner ganzen Ausdehnung von einer 2 ½ Meter hohen Wand begrenzt, bietet Raum für Tausende von Zuschauern und mag nächsten Sonntag einen gewiß eigenartigen und reizvollen Anblick bieten.Im Vordergrund steht die große Tribüne, gegen die heißen Sonnenstrahlen oder unfreundlichen Regen mit schützender Leinwanddecke versehen. Von eleganten Damen und Herren, Erstere in farbenreicher Toilette, dazwischen glänzende Uniformen und Sportsmen, eingenommen, muß dieselbe ein farbenprächtiges, belebtes Bild geben. Ein weiter Blick über die ganze Bahn und den ganzen Platz bietet sich von dort dar. Gerade gegenüber ist der Preisrichterstand, wie auch der Start und das Ziel postirt, in Mitte des Platzes das Orchester gestellt, von welchem die fröhlichen Weisen auch während der Rennen der in hellen und bunten Farben knapp gekleideten Radreiter ertönen werden.Rings um die ganze Bahn sind die Stehplätze für das schaulustige Publikum bestimmt, und auf jeder Seite wird eine wohlbestellte Restauration leiblichen Bedürfnissen beste Rechnung tragen.Vorausichtlich wird bei dem regen Interesse, das der reizende Sport hier in allen Kreisen findet, der Besuch des Rennens ein sehr zahlreicher sein. Wünschen wir dem Nürnberger Velociped-Club heiteres Wetter und gute Erfolge!

 

Anzeige zur den Eröffnungsrennen auf der 1. Nürnberger Radrennbahn (1884)
Anzeige zur den Eröffnungsrennen des Nürnberger Velociped-Clubs auf der 1. Nürnberger Radrennbahn an der Fürther Straße im Juni 1884

Am 15. Juni 1884 war es soweit, die Bahn wurde feierlich eröffnet.
Der F.K.berichtete: Das vom hiesigen Velociped-Club veranstaltete Velociped-Rennen wurde heute Vormittag durch einen Gauverbandstag in der „Rosenau“ und einen Frühschoppen daselbst eingeleitet. Nachdem der gemeinsame Mittagstisch im „Köchertszwinger“ stattgefunden hatte, begann um 2 Uhr die Korsofahrt durch die Stadt zum Rennplatze; es betheiligten sich hieran gegen 100 Velocipedisten aus Amberg, Ansbach, Berlin, Bamberg, Erlangen, Forth, Fürth, Hersbruck, Kitzingen, München, Nürnberg, Neumarkt, Pleinfeld, Rothenburg, Schwabach. Das Publikum, welches in den Straßen förmlich Spalier bildete, betrachtete mit Interesse all die verschiedenen Vehicles, und ein allgemeines Halloh brach aus, als ein Velocipedist auf dem Rücksitze seines verstellbaren Fahrzeuges seine Gattin mitbeförderte.

Die fünf Rennen brachten folgende Ergebnisse:

Das Eröffnungsrennen über 3.000 Meter (startberechtigt waren Mitglieder des deutschen und deutsch-österreichischen Velocipedisten-Bundes) gewann Geyer vom Bicycle-Club München.

Beim Handicap (Vorgaberennen) über 3.000 Meter, an dem nur Mitglieder des Nürnberger Velociped-Clubs teilnehmen durften, siegte Julius Fuchs.

Beim Tricycle-Rennen über 2.000 Meter (starten durften Mitglieder des deutschen und deutsch-österreichischen Velocipedisten-Bundes) holte Wolfgang Beißbarth aus Nürnberg den 1. Preis.

Das Erstrennen über 2.000 Meter (offen für Mitglieder des deutschen und deutsch-österreichischen Velocipedisten-Bundes, die noch keinen Preis gewonnen hatten) entschied Julius Fuchs vom Nürnberger Velociped-Club für sich. Zweiter wurde Carl Marschütz, der zwei Jahre später seine Nürnberger Velociped-Fabrik (später Hercules) gründete, damals aber noch bei Goldschmidt & Pirzer in Neumarkt/OPf. arbeitete.

Sieger beim abschließenden Hauptrennen über 10.000 Meter, bei dem wieder alle Mitglieder des deutschen und deutsch-österreichischen Velocipedisten-Bundes mitfahren durften, wurde Witzel vom Bicycle-Club München. Er bekam als Preis eine goldene Remontoiruhr im Wert von 150 M und ein goldenes Ehrenzeichen, Geldprämien wurden damals noch nicht gezahlt.

Die Bahn an der Fürther Straße bestand nur fünf Jahre

In den Folgejahren zog die Bahn Radsportler aus ganz Deutschland an, anfangs zu Hoch- und Tricycle-, später zunehmend zu Niederradrennen. 1888 und 1889 wurde die süddeutsche Meisterschaft über 10.000 Meter hier ausgefahren. Leider musste die Rennbahn schon 1889 wieder schließen, weil für das gepachtete Grundstück eine andere Nutzung vorgesehen war.

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