Der Radtourist v. 18.08.1905, 20201118_120101

Unter dieser Überschrift listete „Der Radtourist“ im August 1905 acht Gebote für Radlerinnen auf: 

  1. Sei kein Kilometerfresser, d. h. fahre des Vergnügens, der Gesundheit, aber nicht des Renommierens wegen.
  2. Sei stets einfach, aber dauerhaft und gut gekleidet. Man sieht im Sommer im Gebirge so häufig Megären [1] mit blau-roten Köpfen und fliegenden Haaren, oder staubbedeckte Individuen in Hemdsärmeln und im Sweater, welche von Handwerksburschen kaum noch zu unterscheiden sind.
  3. Richte und untersuche dein Rad stets eine Stunde vor der Abfahrt; es ist unhöflich und egoistisch, seine Begleiter im letzten Augenblicke warten zu lassen oder mit Aufpumpen zu quälen.
  4. Lasse deinen Hund zu Hause. Das Einsperren im dunklen Zimmer ist ihm immer noch gesunder, als das Hinterherhetzen auf staubiger Landstraße: dir aber bleibt der Vorwurf, gefühllos zu sein, erspart.
  5. Unterlasse während des Fahrens alle Auffälligkeiten: werder das Zigarettenrauchen noch das Radeln mit freien Händen bringen dir Ruhm ein.
  6. Fahre stets auf der rechten Seite und nicht auf dem Fußpfade. Solltest du letzteren auf freien Straßen doch benutzen, so weiche dem entgegenkommenden Fußgänger rechtzeitig aus.
  7. Betrachte es nicht als dein Recht, daß die Fußgänger den besten Weg freigeben, sondern danke höflich für diese Liebenswürdigkeit.
  8. Bewahre stets deine weibliche Würde; der Sportsbetrieb und die Freiheitslust verleiten so viele zu wildem, tollen Jagen; nichts bringt aber den schönen Radfahrsport mehr in Mißkredit, als solche Auswüchse.

[1] Megären: Rachegöttinnen aus der griechischen Mythologie

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