
Unter dieser Überschrift listete „Der Radtourist“ im August 1905 acht Gebote für Radlerinnen auf:
- Sei kein Kilometerfresser, d. h. fahre des Vergnügens, der Gesundheit, aber nicht des Renommierens wegen.
- Sei stets einfach, aber dauerhaft und gut gekleidet. Man sieht im Sommer im Gebirge so häufig Megären [1] mit blau-roten Köpfen und fliegenden Haaren, oder staubbedeckte Individuen in Hemdsärmeln und im Sweater, welche von Handwerksburschen kaum noch zu unterscheiden sind.
- Richte und untersuche dein Rad stets eine Stunde vor der Abfahrt; es ist unhöflich und egoistisch, seine Begleiter im letzten Augenblicke warten zu lassen oder mit Aufpumpen zu quälen.
- Lasse deinen Hund zu Hause. Das Einsperren im dunklen Zimmer ist ihm immer noch gesunder, als das Hinterherhetzen auf staubiger Landstraße: dir aber bleibt der Vorwurf, gefühllos zu sein, erspart.
- Unterlasse während des Fahrens alle Auffälligkeiten: werder das Zigarettenrauchen noch das Radeln mit freien Händen bringen dir Ruhm ein.
- Fahre stets auf der rechten Seite und nicht auf dem Fußpfade. Solltest du letzteren auf freien Straßen doch benutzen, so weiche dem entgegenkommenden Fußgänger rechtzeitig aus.
- Betrachte es nicht als dein Recht, daß die Fußgänger den besten Weg freigeben, sondern danke höflich für diese Liebenswürdigkeit.
- Bewahre stets deine weibliche Würde; der Sportsbetrieb und die Freiheitslust verleiten so viele zu wildem, tollen Jagen; nichts bringt aber den schönen Radfahrsport mehr in Mißkredit, als solche Auswüchse.
[1] Megären: Rachegöttinnen aus der griechischen Mythologie