aus Regensburg (* 09.03.1872; † 30.04.1943) wurde in der Saison 1893/94 Kunstmeisterfahrer der „Allgemeinen Radfahrer-Union“.

Simon Oberdorfer, Kunstmeisterfahrer der Allgemeinen Radfahrer-Union 1893/94

Im 1894er Katalog der „Velocipedfabrik Neumarkt Gebrüder Goldschmidt“ lobte er die Qualität deren Fahrräder: „… fühle ich mich veranlasst, Ihnen für die mir gelieferte Kunstfahrmaschine (Bicyclette), welche sowohl einen prachtvollen Bau, als auch alle Vorzüge, die man an eine solche Maschine stellt, in sich vereinigt, meinen besten Dank auszusprechen. – Ich möchte hauptsächlich die leichte Handhabung und grosse Stabilität lobend hervorheben, nachdem die Maschine, trotz der grossen Inanspruchnahme nicht der geringsten Reparatur bedurfte. – Gleichzeitig teile ich Ihnen noch mit, dass ich auf Ihrer „Bavaria II“ mit Continental-Pneumatik, ohne irgend welche Störungen, die Tour von Regensburg bis Karlsruhe [ca. 320 km] machte, und mir damit einen Weitpreis erwarb, was ebenfalls ein Beweis der Vorzüglichkeit Ihres Fabrikates ist.“

Solche Dank-/Anerkennungsschreiben waren damals gang und gäbe.

Die Besonderheit lag in diesem Fall in der Verbindung, die Simon Oberdorfer zu den Gebrüdern Goldschmidt in Neumarkt hatte:

Seine Mutter Franziska (auch Fanni)  war eine Schwester von Joseph und Adolf Goldschmidt,

den Inhabern der Velocipedfabrik Neumarkt. 

Katalog der Velocipedfabrik Neumarkt Gebrüder Goldschmidt zur Saison 1894

Simon Oberdorfer war ein angesehener jüdischer Geschäftsmann in Regensburg, der zunächst Fahrräder, später Automobile verkaufte.

1891 gründete er den Radler-Verein Wanderer und 1897/98 errichtete er in Regensburg ein Velodrom,

das er später in ein Varieté und ein Lichtspielhaus umwandelte.

Mit der Machtübernahme der Nazis änderte sich für Oberdorfer alles.

Als er nach der Pogromnacht im November 1938 eine einwöchige Schutzhaft im KZ Dachau

über sich ergehen lassen musste, entschloss er sich zur Emigration.

Im Mai 1939 war er mit seiner Frau an Bord der MS. St. Louis, die 937 Passagiere,

fast alle jüdische Flüchtlinge, von Hamburg nach Havanna auf Kuba bringen sollte.

Die kubanische Regierung weigerte sich jedoch, das Schiff anlegen zu lassen und

auch die USA und Kanada waren nicht bereit, die Passagiere aufzunehmen.

Letztlich blieb dem Kapitän keine andere Wahl, als nach Europa zurückzufahren, wo die

Emigranten auf Belgien, die Niederlande, Frankreich und Großbritannien verteilt wurden.

Somit befanden sich die Juden wieder im Zugriffsbereich der Nazis, was vielen zum Verhängnis wurde.

Das Ehepaar Oberdorfer lebte bis 1943 in Naarden bei Amsterdam, im April 1943 wurden

sie in das Vernichtungslager Sobibor deportiert und dort am 30. April 1943 ermordet.

Das ehemalige Velodrom des Simon Oberdorfer in Regensburg

Im Oktober 2017 wurde der Platz vor dem Velodrom in „Simon-Oberdorfer-Platz“ umbenannt.

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