
… am 23. März 1881 wurde der erste Nürnberger Radfahrer-Verein gegründet,
der Nürnberger Velociped-Club.
In der Beschreibung des entsprechenden Bestands im Stadtarchiv Nürnberg heißt es:
„Der Nürnberger Velociped-Club a. V. wurde am 23. März 1881 gegründet;
gemeinsame Radfahrausflüge und Wettrennen waren der Zweck des Vereins.
Nachdem bereits im September 1882 ein Beschluss über die Einsetzung einer
Commission zur Ausführung des Rennbahn-Projects gefasst wurde,
dürfte dies eine Hauptaufgabe gewesen sein.
Im Dezember 1883 wurde die Anlage einer Rennbahn auf einem gepachteten
Terrain an der Kernstraße festgeschrieben.
Geplante Bebauungsmaßnahmen führten 1889 zur Kündigung der Rennbahn
(per 15. August bzw. 1. September 1889);
das letzte Rennen fand am 2. Juni d. J. statt.
Mit dem Verlust der Bahn kam das Interesse der Mitglieder zum Erliegen;
schon am 1. Dezember 1894 wurde der Club laut Beschluß des
K. Landgerichts Nürnberg „bis auf weiteres in ruhende Aktivität“ erklärt.
Die endgültige Auflösung wurde in der ordentlichen Generalversammlung
am 28. Dezember 1907 beschlossen.“
Zu dem recht umfangreichen Bestand gehört auch eine Archivale,
in der die Anmeldung des Vereins dokumentiert ist:
„Der Kaufmann Herr Christof C. Vogel, am Plerrer No, 5 wohnhaft zeigt an:
Es hat sich dahier ein nicht politischer Verein mit der Benennung „Nürnberger Velociped-Club“
gebildet und werde ich ein Exemplar der Statuten nach erfolgter Drucklegung zu den
Akten des Magistrats übergeben.
Die Vorstandschaft dieses Vereins besteht zur Zeit u. bis zu der gemäß
§ 15 der Statuten im Monat April k. Jrs. stattfindenden Neuwahl aus
1.) mir dem Comparenten [dem Anwesenden] als Vorstand,
2.) dem Kaufmann Ludwig Sauer, Kleinweidenmühle 12 wohnhaft als Zahlmeister,
3.) dem Kaufmann Fritz Steinmetz, Lindengasse 17 wohnhaft als Schriftführer,
4.) dem Kaufmann Christof J. Vogel, Schlotfegergasse 15 wohnhaft als Anordner.
Das Vereinslokal befindet sich gegenwärtig in der Höflerschen Wirtschaft am Markt.
Herr Comparent wurde sodann auf die Bestimmungen in Art. 12 u. 20 des
Vereinsgesetzes aufmerksam gemacht.“
Unterschrieben ist das Dokument von Christof C. Vogel (dem Comparenten)
und einem Polizei-Offizianten namens Marx.
Der unter 4.) als Anordner erwähnte Christof J. Vogel ist uns schon früher begegnet.
Die Funktion des Anordners wurde in späteren Jahren meist als „Fahrwart“ bezeichnet.
Auch die Satzungen & Fahrordnung des Nürnberger Velociped Clubs sind im Stadtarchiv Nürnberg überliefert.

Die Satzungen umfassten 31 Paragrafen, die Fahrordnung elf.
In § 1. war der Zweck des Clubs definiert:
„Die Pflege des Velociped-Fahrens, geselliges Zusammenwirken der Mitglieder
und Anlehnung an Vereine gleicher Richtung.
Im § 2. waren die Voraussetzungen der Mitgliedschaft festgelegt:
Ordentliches Mitglied des Clubs kann jeder unbescholtene Mann werden,
welcher ein Velociped besitzt, und das 18. Lebensjahr zurückgelegt hat.
Ein besonders schönes Beispiel dafür, was alles geregelt war, bietet § 7. der Fahr-
ordnung, in dem die Bedeutung der Pfeifsignale des Fahrwarts festgelegt war:
Mehrere kurze Pfiffe bedeuten: Vorbereiten zum Aufsteigen.
Ein kurzer Pfiff bedeutet: Aufsteigen!
Mehrere kurze Pfiffe bedeuten: Vorbereiten zum Absteigen.
Ein kurzer Pfiff bedeutet: Absteigen!
Eine Reihe kurzer Pfiffe bedeutet: Vorsichtig fahren!
Ein langer Pfiff bedeutet: Einzel-Reihe.
Zwei lange Pfiffe bedeuten: Doppel-Reihe.
Die vorher erwähnte Radrennbahn, deren Errichtung eine der wichtigsten
Bestrebungen des Nürnberger Velociped-Clubs war, wurde am 15. Juni 1884
eröffnet. Sie lag an der Fürther Straße, wo sich heute der Veit-Stoß-Platz befindet.
Die Bahn war 333,3 Meter lang (drei Runden waren also ein Kilometer),
die Kurven hatten einen Radius von 33 Metern. Der Oberbau bestand
aus Kohlensinter. Es gab eine Tribüne die mit einer Stoffplane überdacht
war und das Gelände bot Platz für bis zu 10.000 Zuschauer.
Auf der Bahn starteten bald Fahrer aus ganz Deutschland, anfangs zu Hoch- und Dreirad-,
später zu Niederradrennen. 1886 sorgten Fahrer aus der Schweiz und aus England für
internationales Flair und ab 1888 wurden die Meisterschaften von Süddeutschland
über 10 km hier ausgefahren. Leider musste die Rennbahn schon 1889 schließen,
weil für das gepachtete Grundstück eine andere Nutzung vorgesehen war.